|
||||||||||||
HINWEIS: Wenn Sie per Weiterleitung auf diese Seite gelangt sind, aktualisieren Sie bitte jetzt von dieser Seite aus Ihre Daten (Favorit bzw. Lesezeichen / Notiz der Seiten-Adresse (URL) etc.). Diese Seite wird demnächst nicht mehr unter der alten Adresse (URL) erreichbar sein. |
||||||||||||
Heinz Stolze, Institut für Stimme und Kommunikation, Bremen
in www.forum-stimme.de angelegt im April 2001, ergänzt am 8.9.2006, letzte Änderung am 21.6.2007
Die Rolle des weichen Gaumens beim Singen Eine Informationssammlung zum Thema "weicher Gaumen" |
||||||||||||
>>>
A. Bücher, Zeitschriften***B.1 Selbstbeobachtung****B.2 Ankopplung Nasenraum-Mund/Rachenraum***B.3 Zur Akustik***B.4 Mißverständnisse***Rückmeldungen, Diskussion***Wiederaufnahme der Diskussion/Juli 2006 |
||||||||||||
A. Bücher, Zeitschriften Vorweg einige Bücher, die wir konsultiert haben: |
||||||||||||
B. Fakten, Ideen, Begriffe etc B.1 Selbstbeobachtung Beobachtungen des Autors (Bariton): Allein die Vorstellung, einen hohen Ton (z.B. e´) zu singen, führt nicht zu einer deutlichen Hebung, diese tritt erst mit dem tatsächlichen Einsatz des Tones auf. b) Ventilfunktion für den Luftstrom Brauchbar sind also vor allem die Methoden "Spiegel" und "Finger". Spiegel ist zuverlässiger, Finger ist aber vor allem deshalb faszinierend, weil das direkte Erfühlen ein intensiveres Erleben bietet. B.2 Ankopplung Nasenraum-Mund/Rachenraum Dazu einige Feststellungen und Meinungen Habermann: Bei Habermann (Seite 56) finden wir die Idee, daß der weiche Gaumen für den Schall den Zugang vom Rachen zum Nasenraum freigeben könnte. Goldhan: Nach Goldhan (S. 54) soll der Nasenraum nur für die Nasallaute angekoppelt werden. Er erkennt an, daß die subjektive Wahrnehmung des Mitschwingens im Nasen- und Gesichtsbereich hilfreich für die Stimmgebung ist, verweist aber darauf, daß das Mitschwingen in diesen Räumen im abgestrahlten Schall keineswegs eine bedeutsame Rolle spielt. (Nasallaute natürlich ausgenommen). Zur Bildung einer eigenen Meinung bezüglich der eigenen Stimme seien auch zu diesem Thema Selbstversuche empfohlen. Allein mit einem Aufnahme- und Wiedergabegerät lässt sich vieles klären. Weiter kommt man mit einem Gerät zur Schallanalyse (Spektrum, Sonagramm), das in unserem Bremer Stimmstudio benutzt werden kann. Faltin: Bei Faltin (S. 30) finden wir einen Tip, wie man auf einem wie erstaunt gesungenem "a" Nasalität nach der Methode "Heben der Zungenwurzel" nachweisen kann. Leider wird nicht ganz klar, ob diese Nasalität unbedingt wünschenswert ist, oder ob nur ein physiologisches Experiment beschrieben wird. An anderer Stelle (S. 27) wird offensichtlich Nasalität auch bei Nichtnasallauten favorisiert: In der hohen Lage wird zunehmend die Resonanz des nasalen Raumes benötigt. Eine grundlegende Frage ist die nach den akustischen Eigenschaften des Vokaltraktes am glottisseitigen Eingang. Sie werden fachgerecht durch die Eingangsimpedanz des Vokaltraktes beschrieben. Diese ändert sich mit der Hebung des weichen Gaumens. Eine systematische Untersuchung dazu ist uns nicht bekannt - wir wären dankbar, wenn jemand eine nennen könnte. Akustisches zur Weite der Gaumenpassage.Einfache Überlegung in Titzes "Prinziples of Voice Production" (Seite 155) könnten ein Ausgangspunkt für Ideen zur akustischen Auswirkung der Gaumenhebung sein. Dies mag zu folgender These veranlassen: Die Hebung des Gaumensegels könnte so ausgeführt werden, daß günstige Impedanzverhältnisse für maßgebliche Teiltöne (speziell die unteren) entstehen. B.4 Mißverständnisse Es gibt Begriffe und Ideen, mit denen sich hervorragend praktisch arbeiten läßt, die aber eher katastrophal sind, wenn sie physikalisch ernst genommen werden. Deutlich mehr Klarheit ist auf diesem Felde wünschenswert. Der Tonstrom: Mit dem Begriff des Tonstromes kann viel gutes bewirkt werden -keine Frage. Er verbindet offenbar in sich eine Kombination aller möglichen Qualitäten. Schall, Luftströmung, die damit verbundene feuchte Wärme, Vibrationen ... Luftverbrauchänderung durch Gaumenstellung *** |
||||||||||||
Zunächst zu Ihrer Selbstbeobachtung und zu Faltin: Lieber Herr Dr. Stolze, über Ihre Initiative, wieder das alte Thema Nasalität aufzugreifen, habe ich mich sehr gefreut. Offensichtlich ist es unvermeidlich, von Zeit zu Zeit sogenannte alte Hüte nochmals abzuhandeln. Es ist ehrenvoll mich mit meinem Buch zu zitieren, aber ich stehe auf den Schultern anderer. Besonders muss ich die Aufmerksamkeit auf einen der besten Kenner der Materie lenken: Walter Trenschel. Er hat mit seinen Untersuchungen wesentlich zum Verständnis des Begriffes und der Funktion der Nasalität beigetragen, seine Publikationen gehören zur Standardliteratur. Anmerkungen d.Red.: - Die Anregung zur Diskussion des Themas ging dankenswerterweise von Herrn J. Heide aus. - Das Literaturverzeichnis des Goldhan´schen Buches weist folgende Texte von Walter Trenschel auf: Trenschel, W.: Oralität und Nasalität in der deutschen Standardaussprache. Beiträge zur Phonetik und Linguistik, Band 65, Trier 1994 Trenschel, W.: Der Begriff "gesunde Nasalität". In: Sprache-Stimme-Gehör, 2,1994, S. 90-93
(Hinweis d. Red.: Der Obertonsänger Wolfgang Saus wurde von uns um diesen Beitrag gebeten. Auf seiner website http://www.oberton.org finden sich interessante Informationen über das Obertonsingen inklusive Soundproben) Beim Obertongesang werden die Muskelfunktionen im Vokaltrakt offenbar nach und nach bewußter und in der Feinmotorik geschult. Physiologisch betrachtet sind Gaumenhebung und Kehlkopfsenkung beim Eberhard Storz, 30.10.2002
Und vorab meine herzlichen Glückwünsche zu Ihrem Projekt. Ausnahmsweise möchte ich meine Meinung äußern (ich tue das sonst nie, weil meine Meinung mich sehr viel Arbeit gekostet hat und ich deshalb gar keinen Wert darauf lege, dass irgendwer sie teilt...ja Humor vermisse ich gänzlich auf Ihren Pages...) Nun zum weichen Gaumen: Haben Sie es eigentlich wirklich nur mit Eso-Sängern zu tun? Oder artikuliert da mal jemandeinen Satz? Hat niemand der Herrschaften je eine Hochgeschwindigkeitsaufnahme von auch nur normalem Sprechen gesehen und was das arme Gaumensegel dabei aufführen muss um zwischen Nasalen und Explosiva zu trennen? Es ist ja völlig in Ordnung seinen weichen Gaumen zu entdecken, aber was man da entdeckt ist eine doppelte Projektion: einerseits wie man den Körper subjektiv wahrnimmt und andererseits, wie sich der Körper subjektiv darstellt. Mit der anatomisch-physiologischen Realität hat das sehr wenig zu tun. Ich stimme voll und ganz mit Ihnen überein, dass Forschung und Lehre sich innig beeinflussen sollen. Aber allzu direkte Schlüsse, oder beinahe Kurzschlüsse aus wissenschaftlichen Aha-Erlebnissen auf den Gebrauch der Stimme scheinen mir doch suspekt. Ein Analogie-Kurzschluss: Was hat die Gehirnforschung für das Denken gebracht??? Beste Grüße und bald auf ein Neues. Ihr Eberhard Storz |
||||||||||||
J. Heide, 12.4.2002 *** W. Goldhan, 21.5.2002 *** W. Saus, 27.5.2002 *** A. Ihl, 25.6.2002*** E. Storz.30.11.02*** Wiederaufnahme der Diskussion/Juli 2006 | ||||||||||||
Wiederaufnahme der Diskussion/Juli 2006 Beiträge: Heide, 27.7.2006 *** Stolze, 2.8.2006 *** Heide, 8.8.2006 *** Stolze, 10.8.2006 *** Seimer, 4.10.2006
Joerg Heide, 27.7.2006 Heinz Stolze, 2.8.2006 Sehr geehrter Herr Heide, vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich hoffe, dass Sie mit meiner Antwort etwas anfangen können, auch wenn sie gegenüber den offenbar beliebten vergleichenden Überlegungen zur "Akustik" der Stimme eher kritisch ist. Der Einfachheit halber habe ich meine Antworten abschnittsweise in den Text eingesetzt. ...(Anmerkungen zum Procedere der Diskussion) mit freudlichem Gruß Heinz Stolze Hintergrund dieser Frage sind zwei Ansatzpunkte: 1.) Der Münchner Stimmphysiologe und Physiker Dr. Franz Brandl vergleicht die optimale Rachen-Wand-Einstellung mit einer Trompete (Mundstück Kehlkopf, Rachenwand ist Trompetenrohr mit enger Mensur, Schalltrichter vorne an den Lippen). Der 3000 Hz-Formant kann seiner Meinung nach sehr gut durch den Vokal "i" trainiert werden, der diesem Trompetenrohr sehr nahe kommt. Allerdings beschränkt sich Brandl damit ausschließlich auf die Rohrgeometrie. Überhaupt fällt auf, dass unter den physikalisch/akustisch orientierten Stimmwissenschaftlern die Betrachtung der Rohrgeometrie im Zentrum steht (s. auch Sundberg). *** Ehrlich gesagt halte ich von solchen Pauschalvergleichen nicht sehr viel. Immerhin funktioniert eine Trompete akustisch ganz anders als die Stimme. Wenn man Vergleiche anstellt, kann sich das nur auf einzelne Aspekte beziehen, und die muss man schon sehr genau benennen, wenn das einen Sinn und einen praktischen Nutzen haben soll. Sollte mit " ... "i" trainiert werden, der diesem Trompetenrohr sehr nahe kommt." tatsächlich gemeint sein, daß Form und Maße des Vokaltraktquerschnittes dem einer Trompete ähneln? Soweit ich das sehe, kommt der Vergleich von den Abmessungen (z.B. Länge) her nicht hin und allenfalls nur sehr sehr grob von der Form her. Jedenfalls scheint mir bei diesem Vergleich die Klarheit des Wissens darüber zu fehlen, daß Eigenfrequenzen sich mit der Größe des Resonators verändern. Das Training per "i" halte ich auch für effektiv, allerdings eher deshalb, weil der zweite i-Formant nahe am Sängerformanten liegt, und diesen somit anheben kann. 2.) Die Sänger, Schüler und Stimmbildner um den Münchner Stimmphysiologen Dietrich Schneider behaupten, die Anspannung der Rachenwand, z. B. Schlundschnürer, Gaumenspanner etc. "verhärten" das Gewebe und reflektieren dadurch stark Frequenzen um den Sängerformanten. *** Physikalisch betrachtet ist keine besonders bedeutsame Erhöhung der Reflexion zu erwarten, wohl aber eine Reduktion der Dämpfung. Die ist gerade dann bedeutsam, wenn sie an einem Ort starken Schalldruckes (der Frequenzen um 3000 Hz) auftritt. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob mit der Idee des Reflektierens ( um die Ecke herum?) nicht ein grundlegendes Mißverständnis der Akustik des Vokaltraktes vorliegt. In der Tat stelle ich selbst immer wieder fest, dass sich bei Anspannung im Gaumenbereich (Hilfsmittel ist z. B. starkes Angähnen nach hinten oben in den Hinterkopf, oder auch Gaumenspannung vorne durch starke "i"-Spannung), sehr helle Frequenzen einstellen. *** Dem kann ich mich anschließen. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß die erhöhte Spannung (und damit reduzierte Dämpfung) wohl nicht eng lokalisiert auftritt und dass neben der Spannung auch Formänderungen eine (wichtigere?) Rolle spielen können. Meine These: Auch die Übungen der klassischen Gesangslehrer (Maske singen, "Hoch- und Vordersitz", Zähne zeigen etc...) zielen letztendlich physiologisch darauf ab, diese Spannung in der Rachenwand zwischen Mundraum und Nasenraum zu erzeugen. *** Persönliche Anmerkung: verstehe wohl diesen weitverbreiteten Wunsch, gute Funktionen auf einen einzelnen "Knackpunkt" zurückzuführen. Daher meine Frage an Sie als Physiker: Was halten Sie von der Theorie, dass die Sängerstimme ein Blasinstrument sowohl geometrisch als auch in puncto Rohrwandfestigkeit (Trompeten bestehen immerhin aus Metall) nachbildet? *** Wie bereits oben angegeben: wenig. Gerade die "Rohrwandfestigkeit" liegt bei Trompeten in einer ganz anderen Größenordnung. Dementsprechend stärker sind die Resonanzen (wenig Dämpfung). Trompeten spielen bekanntlich Töne, die auf Eigenfrequenzen des Rohres liegen. Hierbei steuert das Schallfeld im Rohr das Ventil (Lippen). Bei der Stimme sind die Töne weitgehend unabhängig von den Vokaltrakteigenrequenzen singbar. Eine Freiheit der Klanggestaltung, die man sicher nicht unnötig einschränken sollte. Die Idee, daß der in seiner Formgebung ausgesprochen variable Voklatrakt nun eine Art von Rohr, das für eine ganz andere akustische Funktion von Menschenhand gemacht ist, nachbilden sollte, ist mir weder physikalisch noch sonstwie plausibel. Allenfalls unter dem von Ihnen unten diskutierten speziellen Rückwirkungs-Aspekt ist der Verweis auf eine Trompete verständlich (wenngleich die Rückwirkungen auf die Grundfrequenz der Quelle ganz anders einzustufen sind als die auf höhere Teiltöne). Eine gewisse Annäherung an stärkere Resonanzen (wie bei der Trompete) findet ja beim Obertonsingen statt. Die dabei auftretende starke Hervorhebung von einzelnen Teiltönen ist im normalen Gesang sicher nicht erwünscht. Dass die dadurch erreichten Rohreigenschaften sogar auf die Stimmlippenschwingung zurückwirken und die 3000 Hz im Primär-Spektrum verstärken? *** Ich halte das Konzept des "Primärspektrums" generell für nicht sehr überzeugend. Fühlt doch jeder sensible Sänger, daß bereits die Tonbildung in der Kehle von der Einstellung des Ansatzrohres abhängig ist, und damit wohl kaum als "primär" (im Sinne von unabhängig vom Vokaltrakt) bezeichnet werden kann. Rückwirkungen der Vokaltrakteigenschaften auf die "Quelle" sind auch in der akustisch orientierten Stimmwissenschaft bekannt und anzunehmen (mehr oder weniger stark). Könnten Sie sich eine Mess-Methode vorstellen, den Einfluss der Rachenwandhärte auf den Stimmklang zu messen? *** Ich würde das am ehesten an einem Modell untersuchen, da in vivo die Bestimmung der "Wandhärte" über den ganzen Vokaltrakt sehr vertrackt sein dürfte, und zudem mit der willentlichen Änderung im Gaumenbereich unvermeidbar weitere akustisch bedeutsame Parameter geändert werden. Joerg Heide, 8.8.2006 Sehr geehrter Herr Stolze, vielen Dank, dass Sie sich noch einmal die Zeit nehmen, auf meine Fragen einzugehen. Hier noch mal meine Anfrage: Wenn ich - um im Sprachgebrauch der klassischen Gesangsschulen zu bleiben - den Ton an einem bestimmten Punkt ansetze, z. B. an der Nasenwurzel, glaube ich, eine deutliche Klangveränderung zu hören. Gleichzeitig glaube ich auch bestimmte Muskelzüge im Gaumenbereich in Richtung dieser Punkte zu spüren. (Zugegebenermaßen kann ich auch nicht ausschließen, dass die Zunge "mitmacht" und sich etwas verlagert.) Folgende Erklärungsmöglichkeiten fallen mir dazu ein: a) Alles Humbug und Einbildung. Doch Vorstellungshilfen, die die obere "Kopfhalbkugel" in den Fokus rücken, ziehen sich quer durch die Gesangsliteratur und Aussagen erfolgreicher Sänger. Irgendetwas muss dran sein ... b) Die Rachen-Geometrie ändert sich. Wobei ich mir nur schwer vorstellen kann, dass sich diese - bezogen auf den Rachenquerschnitt - sehr kleinen "Gaumen-Verformungen" derart auf die Eigenfrequenzen auswirken können. Möglicherweise verursachen diese Vorstellungen aber auch hauptsächlich Zungenverlagerungen, die sich günstig auf die Geometrie des "Sänger-Rohrs" auswirken. c) Die "Wandeigenschaften" ändern sich. Aber diesen Einfluss sehen Sie wohl eher als gering an ... d) Rein nervlich: Über den "Umweg" durch das Gehirn werden Kehlkopf-Muskeln stimuliert e) Muskulär: Muskelketten, die vom Rachen zum Kehlkopf ziehen lösen Muskelreaktionen im Kehlkopf aus f) Gaumenplatte als Membran, die Schwingungen in den Nasenraum überträgt - von diesem Thema war ja schon einmal in Ihrem Forum die Rede. g) eine Kombination aus diesen Faktoren Mich würde brennend interessieren, in welcher Richtung Sie einen Tipp abgeben würden? viele Grüße Jörg Heide Heinz Stolze, 10.8.2006 Sehr geehrter Herr Heide, dies ist tatsächlich eine Frage, bei der man Vieles berücksichtigen muss und auch eingestehen, dass nur wenig wirklich handfestes Wissen für eine präzise Erklärung vorhanden ist. Ein wesentlicher Grund ist der, dass seitens der Akustik die Wandung des Vokaltraktes schlicht als hart und unbeweglich angenommen wird, die faktische Weichheit üblicherweise nur pauschal in Form einer Dämpfung in Modellrechnungen eingebracht wird. Gerade wenn es um das Mitschwingen von Knochenpartien geht, kann diese Herangehensweise natürlich keine Erklärung bringen. Dabei darf nicht verkannt werden, daß eine einigermaßen realistische akustische Modellierung von Knochen, Muskeln und Gewebe im Zusammenspiel mit dem Vokaltrakt so aufwendig wäre, dass sie derzeit wohl kaum einen Sinn macht. In diesem Zusammenhang möchte ich (angeregt durch Ihre Formulierung in Punkt c)) sozusagen ein wenig zurückrudern und das wie folgt formulieren. Sieht man die Begrenzung des Vokaltraktes tatsächlich nur als eine einfache Wand, wie bei einer Trompete, die aus einem Material besteht, das akustisch eine wesentlich höhere Impedanz hat als Luft und dick genug ist, um nicht zu stark zu schwingen, so ist von Spannungsänderungen in dieser Wand nicht allzuviel Einfluß auf die Eigenfrequenzen des Rohres zu erwarten. Sieht man jedoch die Wand des Vokaltraktes als schwingend und dazu all die schwingungsfähigen Knochen dahinter, so sieht das anders aus - sehr sehr komplex. Insbesondere, wenn über die Schwingung der Knochen die Stimmbildung mit gesteuert wird. Zur Erklärung des "Ansatzpunktphänomens" sehe ich als bedeutsamsten Aspekt die Umorientierung in der Organisation des Singens (sozusagen "nervlich"). Es geht nun darum, die Nasenwurzel (oder eine andere Stelle im Kopfbereich) möglichst intensiv klingen zu fühlen. Hinterfragen wir dieses "fühlen" genauer: Da ist zum einen die Vibrationssensation. Damit meine ich die Tatsache, dass Vibrationssensoren im Gehirn neuronale Aktivität auslösen. Diese führt zu Vibrationswahrnehmung (in höheren Zentren), in dem Sinne, dass man merkt, die Nasenwurzel vibriert. Ich gehe davon aus, dass es für das Singen viel wichtiger ist, diese Vibrationssensationen auch auditiv zu verarbeiten. Genau wie ein Blinder durch das Tasten vor allem ein Bild seiner Umgebung aufbaut - also nicht nur Druckempfindungen an einer Fingekuppe hat- kann die Aktivität von Vibrationssensoren auditvite Empfindungen auslösen bzw. beeinflussen - dies natürlich im Verbund mit dem Hörprozess über das Innenohr. Dies wird sicher durch die Aufforderung, die Stimme in einem Punkt anzusetzen, gefördert. Dazu kommt durch die Konzentration auf den Ansatzpunkt eine verbesserte Auswertung der per Knochenleitung zum Ohr gelangenden Schallwelle. Und vor allem: die Hörweise und damit die Stimmkontrolle ist nun primär klangorientiert. Ein Teil des Körpers wird durch die Stimme und damit auch als Teil der Stimme zum Klingen gebracht. Dies ist ein für das Singen viel besseres Bild, als das einer Primärquelle im Kehlkopf, die dann durch den Vokaltrakt und eventuell mitschwingende Körperpartien gefiltert wird. Oder eben die Vorstelung es klinge im Vokaltrakt und drumherum schwingt möglicherweise dies und jenes etwas mit. Genau wie man bei der Übung des "Korkensprechens" gute Einstellungen der lautbildenden Körperpartien findet, ohne zu wissen wie, findet man beim Ansetzen in einem Punkt geeignete Einstellungen. Meine Ideen, was da konkret eine Rolle spielen könnte, sind die folgenden. Abstimmung von Kehlkopfakitvität und Vokaltrakt so, daß a) Frequenzen stärker werden, die besonders gut zum Ansatzpunkt durchdringen. Etwa durch reduzierte Dämpfung (stramme Haut/Muskeln, besonders an Schwingungsbäuchen). Frequnezverschiebungen würde ich nicht für so bedeutsam halten, da die Resonanz der Anatzpunkte wohl eher flach ist und dabei so hoch liegt, daß im allgemeinen eh mehrere Teiltöne in diesen breitbandigen Resonanzbereich fallen. b) Die Schallverteilung so verändert wird, daß Schall gut zum Ansatzpunkt gelangt. Z.B. durch die Verschiebung eines Schwingungsbauches so unter die Gaumenplatte, daß eine beonders gute Übertragung nach oben hin erfolgt. Hier spielt sicher die Zunge maßgeblich mit. Unabhängig davon glaube ich, daß es für die Stimme generell sehr hilfreich ist, wenn man sich körperlich auf sie einlässt. Das heißt neben der gängigen Frage, wie muß ich den Körper (diesen oder jenen Muskel) so einstellen, daß der Klang gut wird, sollte die Bereitschaft stehen, daß die Körperpartien sich direkt von der Stimmschallwelle in guten (Spannungs-)Zustand versetzen lassen und so ein Kreisprozess der gegenseitigen optimierenden Wechselwirkung entsteht. Das Ansetzen in einem Punkt lenkt in diese Richtung. Von dem was dabei "nervlich" abläuft, kann sicher nur die "Spitze des Eisberges" bewußt erfaßt werden. ...(Anmerkungen zum Procedere der Diskussion) mit freundlichem Gruß Heinz Stolze Andreas Seimer (Phoniater und Pädaudiologie, HNO-Arzt und Logopäde), 4.10.2006 Lieber Herr Stolze, Zu den Selbsterfahrungshilfsmitteln: Anmerkung H. Stolze: Wer ein einfaches Stethoskop mit lösbaren Verbindungen besitzt, kann daraus durch Umstöpseln der Schlauchverbindungen leicht ein solches Phonendoskop zusammenstecken. Dabei wird eine Ohrolive als (hinreichend akzeptable) Nasenolive benutzt. |
||||||||||||
A. Bücher, Zeitschriften***B.1 Selbstbeobachtung****B.2 Ankopplung Nasenraum-Mund/Rachenraum***B.3 Zur Akustik***B.4 Mißverständnisse***Rückmeldungen, Diskussion***Wiederaufnahme der Diskussion/Juli 2006 | ||||||||||||
Zum Seitenanfang | ||||||||||||
Die Rolle des weichen Gaumens beim Singen | ||||||||||||
J. Heide, 12.4.2002 *** W. Goldhan, 21.5.2002 *** W. Saus, 27.5.2002 *** A. Ihl, 25.6.2002*** E. Storz.30.11.02*** Wiederaufnahme der Diskussion/Juli 2006 | ||||||||||||