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ERRATA VOCOLOGICA

10 Fehler und 7 Fazits

Heinz Stolze, Start im Oktober 2004
letzte Änderung 15.10.2012

in www.forum-stimme.de

Worum es geht

In den Vorstellungen über die Funktion der menschlichen Stimme, die in Büchern, Vorlesungen und Vorträgen verbreitet werden, haben sich eine Reihe von Fehlern und Missverständnissen breit gemacht. Hier werden 10 solche "Errata" beschrieben und diskutiert. Diese betreffen so grundlegende Bereiche, daß Autoren und Vortragende ebenso wie Leser und Hörer von einer eingehenden Beschäftigung damit sicher profitieren werden. Insbesondere sollten diejenigen guten Nutzen aus den hier vorgelegten Darstellungen ziehen können, die praktisch mit der Stimme umgehen und sich dabei auf ein Bild der Stimmfunktion beziehen (Therapeuten, Pädagogen, Künstler). Für Lehrende und Autoren von Lehrmittlen im Bereich der Stimme dürfte die Beschäftigung mit diesen Problemfällen unumgänglich sein. In sieben Fazits werden Vorschläge unterbreitet, wie man die Thematik klarer und zeitgemäßer behandeln kann.

Wie es ging und wie es weitergeht

Die zehn "Errata" und die sieben "Fazits" wurden hier in forum-stimme.de in einer Fortzsetzungsfolge in den Jahren 2004 bis 2006 veröffentlicht. Die Erklärungen der Phänomene wurden dabei sehr ausführlich und gründlich gehalten, so dass das vorliegende Material ein guter Grundstamm für eine Darstellung des Basiswissens über die Stimmfunktion und den Stimmklang ist.Künftig ist geplant,das Thema "Basiswissen" über die Stimme in einer Folge von Artikeln zu behandeln, die im Laufe der Zeit erscheinen. Durch Ihre Rückmeldung zu den vorliegenden "Errata-Artikeln" können Sie diese Arbeit anregen und unterstützen.


> 7 Fazits

ERRATUM 1: VERSTÄRKUNG DURCH RESONANZ

Die Aussage: Man findet immer wieder die Aussage, die Stimme werde durch Resonanz im Vokaltrakt oder in anderen Körperpartien verstärkt.

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ERRATUM 2: PRIMÄRKLANG-FILTER-MODELL - IN SEINER ÜBLICHEN VERBREITUNG UND REZEPTION


Die Aussage: Die Funktion der Stimme wird wie folgt beschrieben: in den Vokaltrakt tritt eine primäre Schallwelle ein. Sie entsteht unabhängig von den akustischen Eigenschaften des Vokaltraktes und hat ein vorgegebenes Leistungsspektrum. Aus dem Mund tritt eine durch den Vokaltrakt modifizierte Welle mit entsprechend geändertem Spektrum aus, das dann die typischen Formanten aufweist . Der Vokaltrakt ist gekennzeichnet durch eine Filterkurve, die die Änderung zwischen Eintrittsspektrum und Ausgangsspektrum beschreibt. Die Resonanzen dieser Kurve bilden die Formanten aus.
In vielen Büchern wird dieses Modell als physikalisches Modell der Stimmfunktion verbreitet.

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ERRATUM 3. DAS AUFSPRENGEN DER STIMMLIPPEN ALS WESENTLICHER BEITRAG ZUM ANTRIEB DER STIMMLIPPENSCHWINGUNG

Die Aussage: In der Phase der geschlossenen Stimmlippen wirkt von unten ein Überdruck auf sie ein, der sie nach oben hin "aufsprengt" und damit einen wesentlichen Beitrag (Energieeintrag) zum Schwingen der Stimmlippen liefert. Verbunden damit ist die Idee, daß der transglottale Druck (Druckunterschied zwischen dem Bereich unterhalb und oberhalb der Stimmlippen) direkt die Stimmlippen antreibt.

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ERRATUM 4. DER STIMMSCHALL, DEN WIR AUßEN HÖREN, ERZEUGT AUCH DIE IM BRUSTBEREICH WAHRNEHMBAREN VIBRATIONEN

Es geht also um den in Körperbereichen unterhalb des Kehlkopfes fühlbaren Schall. Hand auf´s Herz: sind Sie auch der Meinung, daß die Schallwelle, die oberhalb des Kehlkopfes losläuft und durch den Mund austritt, sich auch über Knochen und Gewebe in den Körper ausbreitet und zum Beispiel in der Brust (beispielsweise unter der jetzigen Soll-Lage Ihrer Hand) die bekannten, gut wahrnehmbaren Vibrationen auslöst? Damit verbunden ist eine wichtige Frage des Stimmtrainings: wird durch eine Verstärkung des Brustklanges dem Stimmklang, der aus dem Mund austritt, sozusagen das Wasser abgegraben? Das Gegenteil ist im allgemeinen der Fall!

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ERRATUM 5. DIE RESONANZKAMMERTHEORIE

Bei der sogenannten Resonanzkammertheorie wird davon ausgegangen, daß bei der Vokalbildung der Vokaltrakt durch eine Verengung quasi in zwei Teilresonatoren aufgeteilt wird. Dazu heißt es: Die Resonanz des größeren Teilraumes entspreche dem ersten (tiefsten) Formanten, die des kleineren dem zweiten. Das wäre zwar einfach, ist aber unzutreffend.

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ERRATUM 6. IM TAKT DES SCHALLES TANZENDE LUFTMOLEKÜLE

Die Schallwelle ist bekanntlich eine sich im Raum ausbreitende Schwingung. Nur was ist es eigentlich, was dabei schwingt? Sowohl in Sachbüchern für weite Leserkreise als auch in Fachbüchern findet sich die Vorstellung, daß die einzelnen Luftmoleküle sozusagen im Takt der Musik auf und ab oder hin und her hüpfen. So nett sich das anlässt und so ergreifend es auch sein mag, wenn selbst im Mikrokosmos die Musik wirkt, so grundfalsch ist es - jedenfalls für den Schall in Gasen, also auch in der Luft.

Nebenbei bemerkt: wer sich ernsthaft dafür interessiert, wie der Stimmschall entsteht, wird mit dieser Vorstellung von einer Schallwelle wohl kaum auf einen grünen Zweig kommen.

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ERRATUM 8: DER TONSTROM

Der Begriff des Tonstroms wird im pädagogischen Bereich gern im Sinne einer Wahrnehmung benutzt. Für nüchtern denkende Wissenschaftler aber ruft der "Tonstrom" durch das Ansatzrohr eher den Eindruck hervor, daß man nicht so recht zwischen Schallwelle und Luftströmung unterscheiden könne. Hier lohnt sich nicht nur eine Klarstellung auf begrifflicher Ebene sondern auch eine grundlegende Klärung von Fragen interdisziplinärer Kommunikation. Bei genauerer Betrachtung kommt man auch zur Frage, wie gut die Schallerzeugung im Kehlkopf wirklich verstanden ist und allgemein verständlich publiziert wird.

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ERRATUM 7: FREQUENZDEFINITION - GRUNDFREQUENZ UND FREQUENZEN EINES TONES, SPEKTRUM

In vielen Büchern, Vorlesungen etc. ist folgendes zu registrieren: Zunächst hat der stimmhafte Ton konstanter Tonhöhe eine Frequenz, die als Kehrwert der Periodendauer definiert wird. Dies wird üblicherweise auch als die Definition von Frequenz schlechthin dargestellt. Dann (4 Seiten weiter oder in der übernächsten Vorlesung) hat ein solcher Ton ein ganzes Spektrum von Frequenzen. Üblicherweise wird bezüglich des Spektrums von einer Analyse (Frequenzanalyse) geschrieben oder gesprochen. So richtig erklärt wird sie in den Stimm- und Sprechwissenschaften im allgemeinen nicht. Die Folge: eine klare Vorstellung, was ein Frequenzspektrum wirklich ist, findet man in diesem Bereich kaum. Dabei spielt das Frequenzspektrum die zentrale Rolle bei der Beschreibung und Modellierung des Stimmklanges und seiner Wahrnehmung. Seitdem seine Berechnung auf Computern in Sekundenbruchteilen möglich ist, werden täglich tausende von Spektren erstellt und mehr oder weniger zutreffend interpretiert.

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ERRATUM 9: FORMANTEN

Für manche ist ein Formant ein einzelner Teilton, mitunter wird (in phonetischen Publikationen) die Grundfrequenz als Hauptformant (F0) bezeichnet. Leute aus der naturwissenschaftlich orientierten Stimmforschung wollen den Begriff endlich exakt definiert sehen, aber anders als er ursprünglich eingeführt wurde. Haben auch Musikinstrumente Formanten oder nur die Stimme? Sind Formanten überhaupt als Eigenschaften eines Tones zu verstehen, oder sind sie nicht primär Charakterisierungen des Hörens, oder ist das im Grunde genommen dasselbe? Neben der Verbreitung eindeutig falscher Vorstellungen besteht auch unter Fachleuten verschiedener Disziplinen weitgehende Uneinigkeit, was ein "Formant" genau genommen ist.

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ERRATUM 10: TONHÖHE


"Die Tonhöhe des Stimmlautes war 210 Hz", dies oder ähnliches findet man durchaus bei berühmten und erfolgreichen Leuten im weiten Feld der Publikationen zum Thema Stimme. Tonhöhe und Grundfrequenz eines Tones werden oft in denselben Topf geschmissen. Zumindest lassen sie sich ja leicht ineinander umrechnen - denkt man jedenfalls. Zudem ist immer noch die Meinung verbreitet, der Grundton rufe die Tonhöhenempfindung hervor, die Obertöne formten den Klang. Die Tatsache, daß ein und derselbe akustische Ton, in verschiedene Stellen einer Melodie eingesetzt, an der einen Stelle ganz klar als "c", an der anderen als "cis" gehört werden kann, dürfte manchen überraschen. Auch wenn die Abweichung nicht groß ist, muß sie ernst genommen werden. Bedenkenswert ist auch, daß es vielen Menschen oft nicht möglich ist, die Oktavlage eines Tones zu erkennen. Vernünftigerweise definiert man Tonhöhe als etwas, was jemand hört. Und das kann von Person zu Person bei demselben akustischen Ton anders sein, beim Einzelnen sogar auf dem linken Ohr anders als auf dem rechten! Ist dann die Tonhöhe wirklich eine Eigenschaft eines akustischen Schalles? Kann man dann genaugenommen noch sagen, der Ton des Instrumentes "hat" diese oder jene Tonhöhe? Wenn man den akustisch abgestrahlten Schall meint, ist das sicher nicht zutreffend.

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