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7 1/2 KINDERSZENEN

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HÖRPROBEN


VON FREMDEN LÄNDERN UND MENSCHEN

Weit jenseits...
272 kB


FÜRCHTENMACHEN

Was es denn...
232 kB


Text-Musik-Assemblé mit 8 Klavierstücken aus Robert Schumann, Opus 15

Text und Arrangement: Heinz Stolze

Realisierung auf CD: Heinz Stolze


ASPEKTE ZUM WERK

Heinz Stolze, Dezember 2005, letzte Überarbeitung: 14.08.2011


Zu dieser Dokumentation *** Zum Genre *** Zur Beziehung zwischen Sprechweise und Musik *** Sinnübertrag auf die Musik *** Warum 7 1/2 Kinderszenen? *** Warum die Texte keine Gedichte sind *** Warum die Klavierspur "unpianistisch" ist *** Eignung für Kinder *** Realisierung im Studio *** Die Sext als "Sehnsuchtsintervall" *** Zur Entstehung


Zu dieser Dokumentation
Diese Dokumentation gibt Informationen zur Entstehung und zur Realisierung des Werkes, Hintergründe zur Thematik, Anregungen für eigenes Sprechen zu Musik, Informationen über Akustik und Wahrnehmung des Klanges von Stimme und Klavier, Vorschläge für Übungen. Sie bietet auch Lesern die Gelegenheit, eigene Texte zu dieser Musik zu präsentieren (> mail) .

Die Dokumentation befindet sich im Aufbau. Die Beiträge werden weiter ausgebaut.

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Zum Genre
Das Sprechen zu Musik hat Tradition. Robert Schumann hat nicht nur Lieder sondern auch Stücke zum Rezitieren zu Klaviermusik geschrieben. Schönberg hat sich mit Zwischenformen zwischen Singen und Sprechen zu Musik beschäftigt. Das kunstvolle Sprechen zu Musik war zu Beginn des 20. Jahrhunderts beliebt und verbreitet. Weitere informationen findet man unter dem Suchwort "Melodram" in der Encyclopädie
wikipedia.

Zur Zeit findet man die Verbindung von Sprechen und Musik wieder häufiger. Dabei spielen auch die aktuellen technischen Möglichkeiten der Tonmischung eine Rolle. In der medialen Anwendung wird die Musik oft lediglich als stimmungsgebender Hintergrund zum Sprechen eingesetzt. Beliebt ist auch eine Art musikalisches Echo auf eine Ansage, wobei die Musik in Rhythmus und Klang (Formanten, Definition > Glossar) den Stimmklang imitiert. Dies ist im Bereich der Werbung, besonders bei Privatsendern beliebt. Der Hörer nimmt diese Beziehung zwischen Gesprochenem und Musik normalerweise nicht bewußt wahr.

Ein besonderer Reiz beim Sprechen zu Musik liegt in der Balance, die die Stimme zwischen vollkommener Unabhängigkeit und weitgehender Anpassung an die Musik einstellt.

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Zur Beziehung zwischen Sprechweise und Musik
Das Sprechen an sich unterscheidet sich in zwei Punkten klar vom Musizieren:
1. Der zeitliche Ablauf kann nicht in so weitem Maße verlängert oder verkürzt werden.
2. Es werden keine Tonhöhen klar hörbar eingestellt und insbesondere keine Tonhöhenskalen etabliert.

zu 1. : Ein musikalisches Thema kann man durchaus im halben Tempo spielen (etwa als "Vergrößerung" in einer Fuge). Das Sprechtempo kann man nicht auf die Hälfte verlangsamen, ohne daß die Hörer einen seltsamen Eindruck bekommen. Untersuchungen zeigen, daß sich die Silbendauer nur um wenige Prozent variieren läßt. Größere Änderungen lassen sich noch durch Verlängerung oder Verkürzung von Pausen und Leerzeiten zwischen Silben (die nicht als Pausen empfunden werden) erreichen. Dennoch ist der Bereich der Tempovariation recht beschränkt. Versuchen Sie beim Sprechen einmal, eine Silbe länger zu ziehen. Sofort wird man den Eindruck bekommen, Sie würden singen.

zu 2.: Untersuchungen zeigen, daß die Sprechstimme permanent auf- und abgleitet, ohne länger auf einer Höhe zu verweilen. Man nimmt diese Bewegung als Sprechmelodie wahr, aber ist kaum in der Lage, die Höhe auf einzelnen Silben etwa durch nachsingen oder spielen auf einem Instrument anzugeben.

Beim Sprechen zu Musik kann man die Stärke der Verkopplung wie folgt typisieren:

Typ A: Das Sprechen läuft bezüglich Tempo, Rhythmus, Akzenten und Sprechmelodie praktisch unabhängig von der Musik ab . Nur die Lautstärke wird gezielt eingestellt.
Beispiel: Beginn von "Fürchtenmachen"

Typ B: Das Sprechen koppelt sich rhythmisch an die Musik an. Dabei muß nicht hundertprozentig im Rhythmus der Musik gesprochen werden.
Beispiel: Beginn von "Von fremden Ländern und Menschen"

Typ C: Wird im Stück "Träumerei" eingesetzt. Die Stimme beginnt einen Satz, den das Klavier sozusagen weiterspricht. Der Text ist der Phantasie des Hörers überlassen.

An einzelnen Stellen gibt es spezielle Situationen, wie:
- Eine Anpassung der Tonhöhe an die des Klavieres, wobei eine für normales Sprechen nicht akzeptalbe Monotonie eingesetzt wird.
Beispiel: am Ende von "Kind im Einschlummern"
- Ein kurzzeitiger Übergang in singende Sprechweise durch Dehnen einzelner Silben.
Beispiel: im Schlußteil von "Von fremden Ländern und Menschen" vor der Wiederholung. Textstelle: "Wie ein Vögelein ..."

Akustische Strukturen der Verbindung von Stimme und Klaviermusik werden ausführlich unter dem Thema Klangstrukturen von Stimme und Klavier im Zusammenklang (Sonagramme) behandelt. > Klangstrukturen

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Sinnübertrag auf die Musik
Insbesondere durch das rhythmisch synchrone Sprechen zu Musik (Typ B) überträgt sich das Gesprochene auf musikalische Motive und Themen. Bei der Wiederholung des Motivs klingen die zuvor dazugesprochenen Worte mit und ihr Sinn verbindet sich mit dem Motiv (vorwärtswirkend). Diese Betextung eines Motives kann beim ersten Auftreten oder auch später erfolgen (Beim Beginn von "Von fremden Ländern und Menschen" erfolgt sie beim zweiten Auftreten des Anfangsmotivs.
Es ist auch möglich, daß der Text vor einem Motiv in der Musik gesprochen wird, und sich diesem mitteilt. Dies ist weniger auffällig. Es geschieht beispielsweise im selben Stück mit dem Tetxtteil "möchte ich sein" der beim dritten (modifizierten) Erscheinen des Anfangsmotivs gesprochen wird und sich dem folgenden, angehängten Abgesang aufprägt.

Hörproben zu diesem Sachverhalt finden sich unter > TEXTE, HÖRPROBEN

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Warum 7 1/2 Kinderszenen?
Vielleicht fragen Sie sich, was das "1/2" im Titel bedeutet. Nun, es handelt sich hier um ein Assemblé von 7 Stücken, für ein weiteres ("Glückes genug") ist kein Text hinzugefügt worden, daher wird es nur als eine halbe (Kinder)Szene gerechnet. Das Stück schließt sich in Schumanns Zyklus so nahtlos an "Bittendes Kind" an, daß es zu schade gewesen wäre, diese Reaktion auf die offenbar erfüllte Bitte wegzulassen.

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Warum die Texte keine Gedichte sind
Die Texte wurden der Musik abgelauscht. Sie sind also zur Musik hinzugedichtet. Dies ist dem Komponieren eines Liedes vergleichbar. Die Texte des Assemblés sind ebensowenig eigenständige Gedichte, wie die Begleitmusiken eines Liedes Solomusikstücke sind. Bitte bedenken Sie dies, wenn Sie nur die Texte für sich lesen und möglicherweise einiges dabei seltsam finden.

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Warum die Klavierspur "unpianistisch" ist
Die Klavieraufnahmen sind speziell für das Dazusprechen des vorliegenden Textes eingespielt. Eine pianistisch autonome Einspielung ist normalerweise schlecht zum Dazusprechen geeignet.

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Eignung für Kinder
Weder Musik noch Text sind primär für Kinder gedacht. Es zeigt sich aber, daß gerade Kinder bis zu etwa 10 Jahren sehr interessiert zuhören und auch gerne das Sprechen nachmachen. Sie lassen sich von dieser Sprechweise und der Musik gerne dazu anregen, in ihrer eigenen Art kreativ zu werden. Eine positive Einwirkung auf das Sprechverhalten ist durchaus vorstellbar. In höherem Alter ist im allgemeinen ein starker Gruppenzwang vorhanden, bestimmte Musikstile -unter anderem "Klassisches"- "uncool" zu finden. Es gibt aber einige Jugendliche, die sich dadurch "nicht wirklich" beeindrucken lassen.

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Realisierung im Studio
Bei der CD-Aufnahme im Dezember 2005 wurde bei allen Stücke bis auf "Der Dichter spricht" zuerst die Klaviermusik aufgenommen. Die Sprechstimme wurde danach hinzugefügt. Die synchrone Aufnahme von Stimme und Klavier lag beim Stück "Der Dichter spricht" nahe, da im mittleren Teil bei gelösten Dämpfern in den Flügel hineingesprochen wird. Dies ergibt einen Hall für die Stimme und eine sehr intensive Verbindung mit dem Klavierklang. Auch unter anderen Aspekten ist das gleichzeitige Spielen und Sprechen reizvoller als die sequentielle Aufnahme. Andererseits bietet diese die Möglichkeit, zum Mitsprechen genau dieselbe Klavierspur anzubieten, die auch der Sprecher auf der CD vorliegen hatte.

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Die Sext als "Sehnsuchtsintervall"

Immer wieder tritt im Klavierpart das Intervall der Sext auf, oft an exponierter Stelle. Bereits das erste Intervall der Melodiestimme ist eine aufsteigende Sext - von h´nach g´´. Man könnte an dieser Stelle, inspiriert vom Titel "Von fremden Ländern und Menschen", von einer Sehnsuchts-Sexte sprechen. Auch das zweite Stück unserer "7 1/2 Kinderszenen" (Bittendes Kind) beginnt mit diesem Intervall.

Übrigens sind die Anfangsthemen bei beiden Stücken in der Abfolge der ersten 5 Töne identisch (h´-g´´-fis´´-e´´-d´´ ( bei "Bittendes Kind" folgen noch die Töne h´und cis´´)).
Die hier abspielbare Hörprobe (128 kB) macht diese Parallelität deutlich. Das Anfangsthema von "Von fremden Ländern und Menschen" wird durch einen Klavierklang dargestellt, das von "Bittendes Kind" durch einen Chorklang.

Wird mit der Stimme beim Sprechen oder Singen ein Sext-Intervall realisiert, so liegen der untere und der obere Ton in ziemlich verschiedenenfarbigen Klanggebieten. Auch wenn nicht unbedingt das Stimmregister gewechselt werden muß, so ist der hohe Ton doch deutlich "kopfiger" und der tiefe deutlich "brustiger". Beim normalen Umfang einer Sprechstimme kann eine Sext nur zwischen einem Ton in der unteren und einem in der oberen Randzone realisiert werden. Musikalisch wirkt das Intervall recht harmonisch, zeigt also eine Verwandtschaft beider Töne auf. Somit ist die Empfindung, daß die Sext zwischen zwei deutlich verschiedenen Regionen harmonisch vermittelt verständlich. Auch für das Klavier und die meisten Instrumente ist die obige Aussage über die klangliche Verschiedenheit zweier Töne im Sextabstand tendenziell zutreffend.

Viele Titel der Kinderszenen thematisieren eine "zweite Welt" oder einen "zweiten Aspekt" der bekannten Welt. Etwa fremde Länder und Menschen, eine (vermeintlich?) wichtige Begebenheit, Träumerei, Fürchtenmachen, Einschlummern, der Dichter spricht. Als Ausdruck der Beziehungen zwischen solchen dualistischen Welten ist das musikalische Spiel mit der Sexte ideal geeignet. Der Sextsprung im einstimmigen Mittelteil von "Der Dichter spricht" kann gerade aus der vorliegenden kompositorischen Schlichtheit heraus ein tief empfundenes Passage-Erlebnis vermitteln.

Vertiefung des Aspektes der harmonischen Verbindung verschiedener Klanglichkeiten:
Zwei Töne im Oktavabstand haben 50% der Teiltöne gemeinsam, im Abstand einer Quinte sind es 33%, bei einer großen Terz 20 % (mehr dazu: > Teiltonband). Diese Intervalle kommen in der Teiltonreihe im unteren Bereich vor: die Oktav als Teilton 2, die Quinte als Teilton 3, die große Terz als Teilton 5 (Intervall jeweils bezogen auf den Grundton). Die Sext findet sich erst als Teilton 15. Zudem liegt diese Naturton-Sexte der Teiltonreihe ziemlich genau mittig zwischen kleiner und großer Sext, so daß sie keinen nahen Bezug zu einer Sext der Tonskala aufweist. Erst Teilton 29 kommt einer kleinen, Teilton 31 einer großen Sext nahe. Somit sind Töne im Sextabstand auch von der Klangstruktur her eher aus verschiedenen Welten.
Unter tonalen Aspekten sind Töne im Sextabstand ähnlich nahe verwandt wie Töne im Terzabstand. (Terz und Sext sind Komplementär-Intervalle. Reduziert man ein Oktavintervall um eine Terz, so ergibt sich eine Sext und umgekehrt).
Die Sext zeigt somit eine nahe tonale Verwandtschaft bei deutlich verschiedener Klanglichkeit.

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Zur Entstehung
Schon als Jugendlicher spielte ich die Kinderszenen im Klavierunterricht, und kam immer wieder einmal auf sie zurück. Seit damals fallen mir zu Melodien immer wieder Worte ein, gerade bei Stücken, die den Charakter eines "Liedes ohne Worte" haben, wie die meisten dieser Kinderszenen. Solche Worte, die mir zusammen mit der Melodie zugeflogen kommen, helfen immer, die musikalische Interpretation weiterzuentwickeln. Oft habe ich sie mit Bleistift über die Noten eingetragen und auch Jahre später davon profitiert. Derartige Einträge finden sich etwa beim ersten Satz der Mondscheinsonate (L. v.. Beethoven), bei Schuberts Impromptu in Ges-Dur aus dem Opus 90, auch bei einigen Präludien aus J. S. Bachs Wohltemperiertem Klavier. Im Jahre 2005 sammelte ich solche Einträge zu einigen der Kinderszenen, vor allem mit der Idee, verschiedene Varianten zu einzelnen Stellen zu finden. Dabei musste ich aber feststellen, aß die einmal gefundenen Worte sehr stabil waren und ich dazu tendierte, sie miteinander zu verbinden und so zunächst den einzelnen Stücken einen inhaltlichen Zusammenhang zu geben. Nachdem die so entstandenen Texte ausgedruckt waren, wurde schnell erkennbar, aß sie auch über die Stücke hinweg Zusammenhänge aufzeigten, die offenbar zu Beginn mehr, später dann weniger unbewusst angelegt waren. Zum Schlug blieb also nur noch die Arbeit, einige "weiße Stellen" auszufüllen und alle Texte in einen lockeren Gesamtzusammenhang zu bringen. Mit einem gewissen Erstaunen musste ich dann feststellen, aß die Inhalte einen sehr engen Bezug zu meinen Forschungen und meinen Übungen mit der Stimme und ihrer Wahrnehmung zu tun haben. Diese Thematik wird in den Anmerkungen zu den einzelnen Stücken (> Anmerkungen) ausführlich dargestellt.

Wenn mein Vater klavierspielte und mich dabei ansah oder zu mir sprach, war das für mich eine ganz besonders intensive Kommunikation. Es ist nicht leicht, verständlich zu sprechen, während man Klavier spielt. Wenn es aber gut gelingt, erschließt sich damit eine besondere Kommunikationstiefe des Sprechens. Als Hörer meine ich eine höhere Legitimation im Gesprochenen zu hören, ich empfinde den Sprechenden im engen Verbund mit einer über das Zeitliche hinausreichenden Sphäre. Im reinen alltäglichen Sprechen ist dieser Verbund nicht erreichbar, eher im Rezitieren von Gedichten. Diese Erfahrung mit meinem Vater war für mich eine starke Motivation zum Sprechen zu selbstgespielter Musik.

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Tipp Fachbegriffe: Wenn Sie sich näher über genannte Komponisten, Dichter, Wissenschaftler informieren möchten, oder Fachbegriffe nachschauen möchten, empfehlen wir: wikipedia (Wort im Suchfeld am linken Rand eingeben, Button "Suche" anklicken)


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